Die Entstehung eines Astrofotos

Oder: Wie viel Arbeit ist das eigentlich?

In Zeitschriften und Internetforen sowie auf privaten Webseiten können wir heute täglich viele ansprechende Aufnahmen von astronomischen Objekten sehen, mit denen Amateur- bzw. Hobbyastronomen bis in die Tiefen des Weltalls vordringen. Was man dem fertigen Bild jedoch nicht mehr ansehen kann, ist die erforderliche Zeit und Arbeit, welche in die Erstellung einer solchen Aufnahme hineingeflossen ist. Selbst wenn die Belichtungszeit in den Bildparametern angegeben ist – und diese kann bei schwierigen Objekten oder besonders tiefen Aufnahmen schnell einige Stunden und mehr betragen – stellt diese nur einen Teil des gesamten Zeitaufwandes dar. Deshalb möchten wir hier kurz erklären, welchen Weg ein Astrofoto gehen muss bis schlussendlich eine schöne Aufnahme als Ergebnis zu sehen ist. Der Artikel stellt gleichzeitig eine kurze Einführung für Einsteiger in den Aufnahme und Bildentwicklungs- bzw. Bearbeitungsprozess dar.

Der Aufbau

Bevor die eigentliche Aufnahme des Objektes beginnen kann, muss natürlich zunächst das gesamte Equipment aufgebaut und eingestellt werden. Unter Umständen beginnt dies bereits mit dem Zusammenpacken der Ausrüstungsgegenstände und der Fahrt zum Beobachtungsort. Aber auch bei einer Aufnahme aus dem heimischen Garten ist die Liste der Vorbereitungen lang: Zunächst muss die Montierung mitsamt dem Stativ aufgestellt und gegebenenfalls nivelliert werden. Anschließend muss die genaue Ausrichtung der Montierung auf den Polarstern erfolgen, der quasi den Himmelsnordpol darstellt, um später eine saubere Nachführung bei Langzeitbelichtungen zu ermöglichen. Daraufhin muss das Teleskop mitsamt Leitoptik montiert werden und mit den Gegengewichten an der Montierung ein Gleichgewicht hergestellt werden. Außerdem müssen Aufnahme- sowie Nachführkamera mit dem zur Steuerung genutzten Laptop verbunden werden und es muss natürlich für alle Geräte die Stromversorgung und Verkabelung hergestellt werden.
Nun wird zunächst das Teleskop anhand von mehreren Referenzsternen ausgerichtet, das heißt es werden diese Referenzsterne angefahren und genau mittig im Bildfeld einer Kamera oder eines Okulares zentriert. Die Montierung merkt sich deren Position und kann daraus die Position des späteren Aufnahmeobjektes errechnen, um es ungefähr anzufahren. Ist dieses erfolgt, muss das Objekt jedoch noch in der Bildmitte über die Steuerungstasten der Montierung positioniert werden. Nun muss die Nachführkamera eingestellt werden: Über die Steuereinheit muss ein geeigneter Leitstern für die Positionskontrolle der Montierung gefunden werden, die Leitkamera muss mit einem Algorithmus ihre Orientierung und Auswirkungen der Steuerimpulse ermitteln und schließlich wird häufig noch eine Feineinstellung verschiedener Nachführparameter vorgenommen. Ist alles eingestellt und ein ausreichend heller Leitstern befindet sich im Bildfeld der Nachführkamera kann die Nachführkontrolle beginnen.
Anschließend geht es an die Feinfokussierung der Aufnahmekamera, nachdem meist bereits zu Beginn eine grobe Scharfstellung erfolgt ist. Diese Feineinstellung nimmt häufig einige Zeit in Anspruch, da bereits kleinste Veränderungen der Fokuslage deutliche Auswirkungen haben und die Schärfe aufgrund der Luftunruhe in der Atmosphäre erst über einige kurze Aufnahmen hinweg bewertet werden muss, um sicherzustellen, dass der optimale Schärfepunkt getroffen wurde.
Funktionieren alle Systeme, kann die eigentliche Aufnahmeserie nun beginnen. In der Praxis dauert allein der Aufbau mit allen Einstellungen jedoch häufig schon zwischen 60 und 90 Minuten, und regelmäßig treten hierbei bereits Schwierigkeiten und Probleme auf, die erst gelöst werden müssen bevor die eigentliche Aufnahme beginnen kann.

Die Aufnahme

Bei der Aufnahme kommt es nun darauf an, ob eine Farbkamera wie zum Beispiel eine digitale Spiegelreflexkamera oder eine schwarz-weiß Kamera wie die speziell für die Astrofotografie genutzten CCD-Kameras zum Einsatz kommt. Da CCD-Kameras rauschärmer und empfindlicher sind und somit bessere Bilder ermöglichen (es gibt jedoch auch sehr gute DSLR-Astrofotografen) verwenden einige fortgeschrittene Anwender diese Kameras (auch auf dieser Seite sind die meisten Aufnahmen mit solchen CCDs erstellt, deshalb gehen wir im Folgenden auf den Aufnahmeprozess damit ein). Die Handhabung und der Aufwand ist bei diesen Kameras jedoch höher: Da es sich um schwarz-weiß Kameras handelt, müssen um eine Farbaufnahme zu erstellen 4 verschiedene Bilder, sogenannte Kanäle, durch Interferenz-Filter aufgenommen werden. Diese Interferenz-Filter lassen jeweils nur einen bestimmten Teil des Lichtes passieren. So gibt es drei Filter die jeweils nur die Farbe Rot, Grün oder Blau hindurchlassen. Erst beim Zusammensetzten der Bilder am Computer kann später aus diesen drei Primärfarben ein Farbbild erstellt werden. Der vierte Kanal ist die Luminanz, hier wird das Licht aller Farben passieren gelassen, da in der Kombination aller sich die beste Bildschärfe ergibt. Dieser ebenfalls schwarz-weiße Luminanz-Kanal wird dann später am Computer mit dem erstellten Farbbild verrechnet und gibt dem Gesamtbild die Schärfe- und Helligkeitsinformationen.
So werden nun für jeden der 4 Kanäle Luminanz, Rot, Grün und Blau mehrere Einzelbilder mit langer Belichtungszeit aufgenommen, zum Beispiel 10 Bilder a 5 Minuten Belichtungszeit pro Kanal, um genügend Bildinformation für die Darstellung der meist sehr schwach leuchtenden Himmelsobjekte zu gewinnen. So können je nach Objekt zwischen 1 und 10 Stunden reine Aufnahmezeit benötigt werden. Werden 4 Stunden oder mehr benötigt, muss das Objekt sogar über mehrere Aufnahmenächte belichtet werden, da dies in einer Nacht meist nicht zu schaffen ist. Neben der reinen Aufnahmezeit muss jedoch für jeden Filterwechsel noch Zeit für das Nachfokussieren (der perfekte Fokuspunkt verschiebt sich durch den Filterwechsel) und die Anfertigung sogenannter Flats eingeplant werden, die später benötigt werden um leichte Bildverunreinigungen durch Staub auf den optischen Flächen am Computer zu korrigieren.
Zudem geht leider in jeder Nacht Aufnahmezeit durch Ausschuss verloren, da immer wieder einzelne Aufnahmen durch Nachführfehler, Windstöße etc. verwackelt und somit unbrauchbar sind. Realistischer Weise kann man hier rechnen, für 2 Stunden effektive Aufnahmezeit bis zu 3 Stunden Zeit zu benötigen. Dies hängt jedoch vom verwendeten Equipment und der eigenen Erfahrung ab. Schließlich steht natürlich noch der Abbau des gesamten Equipments und unter Umständen die Heimfahrt an, so das auch hier wieder zwischen 30 und 60 Minuten eingeplant werden müssen.

Die Bildentwicklung

Sind nun alle benötigten Aufnahmen „im Kasten“ geht es an die erforderliche Nachbearbeitung der Bilder. Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, ist für die Erstellung eines Farbbildes die Zusammensetzung der einzelnen, durch die verschiedenen Farbfilter aufgenommenen Kanäle notwendig. Dies ist jedoch nicht der erste Schritt in der Nachbearbeitung. Nach einer ersten Sichtung des Aufnahmematerials, in der schlechte/verwackelte Bilder aussortiert werden, werden alle Einzelbilder in allen Kanälen zunächst „kalibriert“, das heißt von Bildverunreinigungen bereinigt. Dies geschieht durch den Abzug eines Dunkelbildes („Darks“) und die Division der eigentlichen Aufnahme durch ein sog. Flat-Bild.
Die Dunkelbilder können bei CCD Kameras durch ihre einstellbare Kühlung separat aufgenommen werden und sind dann für einige Zeit verwendbar, somit muss das Rohmaterial für diese Dunkelbilder nicht für jede Aufnahme neu aufgenommen werden. Erstellt werden sie mit der gleichen Belichtungszeit wie die Aufnahmen, bei geschlossener Abdeckung des Teleskops. Durch den Abzug der Darks von den eigentlichen Aufnahmen werden aus diesen Verunreinigungen wie Hotpixel, Verstärkerglühen oder Zeilendefekte entfernt. Anschließend folgt die Korrektur durch die während der Aufnahmenacht angefertigten Flats. Diese werden gegen eine helle, uniform ausgeleuchtete Fläche fotografiert, und ermöglichen die Korrektur von Verunreinigungen und Vignettierung. Die Vignettierung ist der Helligkeitsabfall zum Rand des Bildes, wovon jedes Teleskop oder Teleobjektiv im gewissen Maße betroffen ist. Verunreinigungen des Bildes entstehen durch kleine Staubkörner, die sich auf den optischen Flächen (Linsen, Spiegeln) oder dem Kamerachip selbst bei der Aufnahme befanden.
Bevor die einzelnen Aufnahmen jedoch zu einem Summenbild zusammengesetzt werden können, müssen sie erst aufeinander ausgerichtet werden. Dieser Schritt der Registrierung ist notwendig, da es durch äußere Einflüsse, Leitsterndrift etc. immer wieder zu einem kleinen Versatz zwischen den Aufnahmen kommt. Wurden die Bilder über mehrere Nächte aufgenommen, ist dieser noch größer, da es schwierig ist, immer exakt den gleichen Bildausschnitt zu treffen. Deshalb werden von einem Computerprogramm alle Bilder auf ein Referenzbild so ausgerichtet, dass alle Sterne in jedem Bild perfekt übereinander liegen. Wurden alle Einzelaufnahmen aller Kanäle mit ihren entsprechenden Darks und Flats korrigiert sowie die Registrierung durchgeführt, werden nun alle Aufnahmen eines Kanales miteinander verrechnet.
Dieses sogenannte Stacking-Verfahren addiert die Einzelbilder eines Kanals zu einem Summenbild und bedient sich statistischer Mittlungsverfahren, um das durch die Elektronik und andere Einflüsse verursachte Bildrauschen zu vermindern. Dies funktioniert, weil das Signal der Objekte im Bild (Sterne, Galaxien etc.) relativ konstant ist, das Rauschen jedoch von Aufnahme zu Aufnahme zufällig variiert. Durch die Mittelung vieler Aufnahmen kann so das Rauschen minimiert werden, und es treten schwächere Details in dem aufgenommen Objekt, wie z.B. einer Galaxie, hervor. Sind nun die Einzelbilder aller Kanäle zu Summenbildern gemittelt, werden nun wie im vorherigen Absatz beschrieben die drei Summenbilder der Farbkanäle Rot, Grün und Blau zu einem Farbbild zusammengesetzt.
Dieses Farbbild und das Summenbild des Luminanz-Kanals sind jedoch noch recht dunkel – das eigentliche Objekt ist meist schwer zu erkennen. Deshalb wird nun mit der Technik des Strechings mittels mehrerer Gamma- und Tonwertkorrekturen versucht, die schwachen Objekte im Bild aufzuhellen und besser herauszuarbeiten, ohne jedoch die hellen Sterne zu hell werden zu lassen. Ist dies für beide Bilder erfolgt wird nun in einem Bildbearbeitungsprogramm der Luminanzkanal „unter“ das Farbbild gelegt. Er verändert die Farben nicht, gibt dem Bild jedoch die Helligkeitsinformationen und trägt zu einer besseren Bildschärfe bei.
Bis zu diesem Schritt wurden noch überhaupt keine Veränderungen am Bildmaterial vorgenommen, es fand also noch gar keine echte „Bildbearbeitung“ statt. Deshalb wird dieser Schritt auch oft Bildentwicklung genannt, da lediglich das vorhandene Rohmaterial so weit von Verunreinigungen befreit und entwickelt wurde, um die darin vorhandenen Bildinformationen bestmöglich herauszuarbeiten. Ist man in diesen Abläufen jedoch bereits routiniert, kann es je nach Größe der Bilder, die die Berechnungszeit des Computers beeinflusst nochmals zwischen 60 und 120 Minuten dauern, bis dieser Schritt abgeschlossen ist.

Die Bildbearbeitung

Ist nun eine fertige Kombination aus Luminanz und Farbbild vorhanden, das sogenannte L-RGB-Bild, geht es an die Bildbearbeitung. Hier geht es zunächst darum, noch weitere Bildverunreinigungen zu entfernen, damit der Blick des Betrachters auch wirklich sich auf das Objekt fokussiert. Dazu gehören zum Beispiel die manuelle Entfernung verbliebener Hotpixel oder Spuren von Flugzeugen oder Satelliten, die durch die Korrektur mit den Darks oder den Mittelungsvorgang nicht herausgerechnet wurden. Weiterhin wird versucht, eventuelle Farbgradienten im Bildhintergrund, die durch Lichtverschmutzung unseres Nachthimmels entstanden sind, zu entfernen. Gerade Bilder, die in Stadtnähe aufgenommen wurden sind hiervon besonders betroffen, so dass dieser Schritt hier besonders sorgfältig durchgeführt werden muss und mehr Zeit in Anspruch nimmt. Auch eine leichte Schärfung des Bildes oder einzelner Bildbestandteile wird häufig vorgenommen, da durch die Summenbilder die Bildschärfe etwas nachlässt.
Schließlich kommt es noch zum Punkt der Bildverschönerungen, wie zum Beispiel dem Anheben der Farbsättigung, um die Sternfarben oder die Farbgebung der Objekte wie Nebel und Galaxien besser herauszuarbeiten. Hier setzt nur das Können des Bildbearbeiters die Grenzen, wobei die meisten Amateurastronomen jedoch darauf achten lediglich Vorhandenes leicht zu verstärken, ohne das Ursprungsbild komplett zu verändern. Je nach Bild und der Anzahl der eingesetzten Bearbeitungstechniken kann auch hier sehr viel Zeit investiert werden. Beginnend bei ein bis zwei Stunden sind nach oben, gerade wenn neue Techniken ausprobiert werden keine Grenzen gesetzt.

Fazit

Rechnen wir nun einmal zusammen - wie viel Zeit und Arbeit steckt nun in einem guten Astrofoto mit einer effektiven Belichtungsdauer von 4 Stunden? Rechnen wir für den Aufbau eine Stunde, für die effektive Belichtungszeit 4 Stunden, Zeitverluste während der Aufnahmen durch Ausschuss, Flaterstellung und Nachfokussieren mit ca. 1,5 Stunden und noch eine halbe Stunde für den Abbau, sind wir für den ersten Teil der Aufnahmeerstellung bei 7 Stunden. Für die Bildentwicklung dieser Datenmenge werden im Regelfall ebenfalls, auch bei routinierten Bearbeitern ca. 1,5 Stunden benötigt werden. Schließlich kommt noch die Bildbearbeitung hinzu, die zum einen stark vom Bearbeiter abhängig ist und zum anderen von der Stärke der verbliebenen Bildunreinheiten und Farbgradienten im Bild beeinflusst wird. Da wir in unseren Anfängen bereits einiges an Zeit in die Erprobung von Bildbearbeitungstechniken gesteckt haben beschränken wir uns heute meist auf die Anwendung unserer Lieblingstechniken, so dass wir an einem durchschnittlichen Bild auch hier nochmals ca. 1,5 Stunden aufwenden.
Somit kommt man, wenn alle Schritte zusammengerechnet werden für ein solches Astrofoto mit 4 Stunden effektiver Belichtungszeit auf einen Gesamtzeitaufwand von gut 10 Stunden. Dies ist also deutlich mehr als es die angegebene Effektivbelichtungszeit vermuten lässt. Außerdem ist dies nur dann ein realistischer Wert, wenn im Großen und Ganzen während Aufnahme und Bearbeitung alles nach Plan verläuft – von den Nächten mit technischen Problemen oder plötzlich aufziehenden Wolken bzw. Nebel wollen wir hier gar nicht sprechen. Blickt man jedoch nachher auf das fertige Endergebnis kann man jedoch meistens sagen: Die Mühe hat sich gelohnt!